Pierre Brice: Winnetou und ich – mein wahres Leben, 18. November 05

Ascheberg - Und da stand er auf einmal vor einem: Groß, die Haut schimmerte leicht bräunlich, die Haare grau meliert, auf der Nase eine Lesebrille - Pierre Brice. Winnetou. Und wir, das Publikum, seine Fans, sind ihm durch jedes Abenteuer gefolgt, haben den Tomahawk geworfen, Old Shatterhand befreit, seine „Schwester“ Nto Tschi sterben sehen, über Sam Hawkins Witze geschmunzelt und, ach ja, sind mit ihm älter geworden, tragen auch eine Lesebrille, die Haare grau meliert.

Aber seine Faszination hat er nicht verloren, wie es nach der Lesung zu beobachten war, zu der der Ascheberger Kunst- und Kulturverein am Freitag den Schauspieler Pierre Brice eingeladen hatte. Unermüdlich schrieb der 75-Jährige Autogramme, stellte sich geduldig zum Erinnerungsfoto auf „und jetzt mit mir“.

Zuvor hatte er zusammen mit dem freien Journalisten Thomas Claaßen in einem „Lesespiel“ Episoden aus seiner Autobiographie gelesen. Dabei kämpfte er sich durch für Franzosen eher difficile deutsche Phonetik mit einem Akzent, den die Deutschen an den Franzosen so lieben.

Das bekannteste Kapitel seines Lebens, „die Rolle seines Lebens“ nahm einen eher kürzeren Raum ein, als seine Kindheit im von den Nazis besetzten Frankreich, in seiner Geburtstadt Brest und später dann Rennes, der bretonischen Hauptstadt. Brice unterschied deutlich die Deutschen (“Menschen wie wir“) von den Nazis (“ein anderes Volk, gefährlich), erzählte, wie er zwei deutschen Soldaten das Leben rettete, in dem er sie an die Amerikaner auslieferte.

Und wie viele Franzosen, die in ihrer Provinz keine Chance auf eine berufliche Zukunft sehen, ging er nach Paris. Er versuchte sich als Verkäufer von Schreibmaschinen, von Trockenobst, bis der Zufall ihn zum Theater, später zum Film führte.

Ein preisgekrönter spanischer Film brachte ihn schließlich im Juli 1962 nach Berlin zu den Filmfestspielen, dort fiel er dem Produzenten Horst Wendlandt auf, der Rest ist Geschichte.

Mit seiner Berühmtheit als Winnetou organisierte Brice 1995 einen Hilfskonvoi nach Bosnien, also in den Teil Jugoslawiens, in dem 20 Jahre zuvor die Filme gedreht wurden, die ihn berühmt gemacht hatten.

Zurück blieb der Eindruck eines etwas schüchternen, zurückhaltenden Mannes, der seine Berühmtheit zum Wohle der anderen nutzt und die Ideale umzusetzen sucht, die der Schöpfer Karl May seinem Winnetou gab.

So schreibt Brice im Schlusssatz seines Buches: „Wenn die Menschen sich lieben und respektieren, gibt es kein Elend, keinen Hass, keine Kriege, und keine Tränen mehr, es gibt weniger Blutvergießen und mehr Gefühl.“

(Ruhr Nachrichten)

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